Sport

Tor – in letzter Minute

Es sind die legendären Momente des Fußballs – Augenblicke der äußersten Spannung und intensivsten Emotionen, die unvergesslich sind. Nicht selten verstärken sich in diesen Momenten auch die kleinen und großen Fehden zwischen Mannschaften, die noch Jahre später die Rivalität anheizen.

Die Rede ist von den Toren, die noch im letzten Moment über Sieg oder Niederlage entscheiden. Und diese Momente sind gar nicht mal so selten. Immer wieder gelingt es, noch in den knappen Nachspielminuten das zu erreichen, was wärend der Stunde davor nicht machbar erschien.

Tore, die im Gedächtnis bleiben

Es war das Rückspiel des BVB gegen Málaga und das Viertelfinale der Champions League 2012-13. Am Ende der regulären Spielzeit stand es noch immer 1 : 2 – an einen Sieg für Dortmund war nicht mehr zu denken. Doch dann geschieht, was als Wunder gefeiert werden soll: In weniger als vier Minuten überschlagen sich die Ereignisse und die Dortmunder bedrängen das Tor der Spanier in einem derartigen Tumult, dass nur die ganz wachen Fans noch genau verfolgen können, dass es zuerst Reus ist, der den Ausgleich schafft, und dass Santaner dem Siegestreffer den letzten Schubs gibt.

Eine Mannschaft, die schon berühmt dafür ist, oft noch die allerletzten Chancen zu nutzen, ist der FC Bayern München. Historisch bedeutsam zum Beispiel der Sieg gegen Dortmund im Champions Leage Finale 2013: Am Ende eines kräftezehrenden Duells, mit dem ersten Tor für Bayern in der 60. Minute und dem Ausgleich kurz darauf in der 68. Minute, schießt Arjen Robben in der 89. schließlich doch noch das 2 : 1.

Glück oder Ausdauer?

Wann immer den Bayern ein solches Tor gelingt, wird es dem Bayern Dusel zugeschrieben, der einzigen Sorte Glück, mit der fest gerechnet wird. Aber sind diese Treffer wirklich in der Hauptsache Glück? Es liegt doch nahe, dass die Aussicht auf Gleichstand oder Niederlage gerade die besten und ehrgeizigsten unter den Spielern noch einmal anspornt, das Ruder herumzureißen, während den weniger konsequenten Gegnern nach 90 oder mehr Minuten die Kondition und Nerven fehlen, um dem plötzlichen Ansturm noch etwas entgegenzusetzen. Die Nachspielzeit eines wichtigen Spiels ist nicht zuletzt auch eine psychische Extremsituation, in der das Selbstbewusstsein von Vereinen wie dem FC Bayern doch sicher hilfreich ist.

Umso erstaunlicher, dass es, rein statistisch gesehen, keine besonderen Häufungen von späten Toren zu geben scheint. Nach Daten, die der bekannte Wissenschaftler Andreas Heuer ausgewertet hat, schießt zum Beispiel der FC Bayern zwar insgesamt mehr Tore, aber davon nicht besonders viele am Ende der Spielzeit. Damit ist jedoch nicht gesagt, ob die Tore dann, wenn sie fallen, auf Glück oder Talent zurückzuführen sind.

Einer, der ganz sicher zu den Talentiertesten und Ehrgeizigsten gehört, ist der Starstürmer Lionel Messi . Ohne sein Tor in der 91. Minute gegen Iran, in der WM 2014, hätte das Spiel mit einem enttäuschenden 0 : 0 geendet. Dieses dann auch noch sehr schöne Tor rette Argentinien vor einer mittleren Blamage und sorgte für weltweite Begeisterung. Die insgesamt eher enttäuschende Leistung der Mannschaft an diesem Spieltag war vergeben und vergessen.

Ob diese Tore nun Glückstreffer sind, oder hart erarbeitet, und, ob sie oft oder selten vorkommen, sicher ist, dass es auch in Zukunft diese Spiele sein werden, die mit einem Knall enden, in dem sich die Spannung eines langen, harten Kampfes entladen kann. Und es werden wieder diese Momente sein, die Schlagzeilen machen und die sich in das Gedächtnis der Fans eingraben, auch weil die Identifikation immer dann am größten ist, wenn eine Mannschaft mit letzter Kraft noch aufholt, ausgleicht und gewinnt.